Meinung

Deutschland, wir müssen über die Menschenwürde reden!

Halil Celiksoy

Seit Wochen nun beobachte ich mit Fassungslosigkeit die Entwicklungen im Gaza. Es sind Bilder, die einem in jedem Moment des sicheren Lebens, fernab von Krieg und Hunger, ein unbeschreiblich abscheuliches Gefühl der Machtlosigkeit bescheren. Es ist vor allem das schlechte Gewissen, das sich immer wieder und im jeden Abschnitt meines Tages aufdrängt. Wir leben in Wohlstand und sind übersättigt von Glücksgefühlen, Entfaltung, Bedürfnisbefriedigung und Selbstoptimierung. Und dann tauchen diese Bilder von zerbombten Wohnsiedlungen und schwer verletzten Kindern im Gaza in nahezu jeder Insta-Story und in jedem Newsfeed auf. Berichte von Menschenrechtsorganisationen legen Zahlen offen, die das unvorstellbare Ausmaß der humanitären Katastrophe nur erahnen lassen. Tausende getötete Zivilisten, darunter vor allem Frauen und Kinder. Der Vergeltungsschlag der israelischen Armee artet geradezu in einer inhumanen Unverhältnismäßigkeit aus. Es ist keine Terrorbekämpfung. Es ist rachsüchtiges Wüten eines aus den kriegsrechtlichen Regularien geratenen Militärs „Krieg ist keine Lösung“ haben wir von Kindesalter an gelernt. „Gewalt erzeugt Gewalt“ wurde uns in Schulen und allen Formen der staatlichen Bildungsformen- und einrichtungen eingetrichtert. Von diesen an die humanistischen und demokratischen Ideen geknüpften Prinzipien scheint in der politischen Agenda, die vor allem vom Willen des militärischen Rückschlags getrieben zu sein scheint, nichts geblieben zu sein. Eines hat die etablierte Politik wohl vergessen: Die Rolle der Bundesregierung innerhalb der europäischen Union stützt auf die verfassungsgemäß verpflichtenden Bemühungen für den Weltfrieden und dem Schutz der Menschenwürde. Ganz egal ob auf deutschem Boden oder außerhalb der Grenzen. Die Europäische Union ist ab dem Wissen über einen kriegsrechtlich fragwürdigen Konflikt dazu angehalten, alle Verpflichtungen und Ressourcen zugunsten einer schnellen Konfliktlösung auszuschöpfen. Aber von Menschenwürde ist im Gaza nichts geblieben. Man hört hier und da eine Solidaritätsbekundung für die Opfer des terroristischen Anschlags durch die Hamas. Das ist gut und richtig. Aber haben Palästinenser, die ebenso die Leidtragenden dieses unmenschlichen Konflikts sind, kein Recht auf Würde, Andenken, Erwähnung, Berücksichtigung und menschliche Empathie? Gilt Menschlichkeit und Mitgefühl nur für bestimmte pragmatische Bündnisinteressen? Um offen zu sein, schäme ich mich für die Bundesregierung. Ich schäme mich für die rücksichts- und empathielose Art der politischen Führung und Außenpolitik. Ich schäme mich für eine Frau Baerbock, die nicht einmal die Stärke und den Mut besitzt, das Leid der palästinensischen Bevölkerung anzusprechen. Ich schäme mich für unseren Bundeskanzler, der Angesichts der offensichtlich faschistischen Regierung in Israel von einem demokratischen Staat spricht, auf dessen Kriegsführung man sich verlassen können. Und ich schäme mich für die deutschen Medien, die seit der Corona-Pandemie staatsnah, einseitig und unkritisch berichten. Schäm dich Deutschland. Du warst ein Land, das die Würde des Menschen immer mit aller politischen Kraft verteidigt hat. Gerade deshalb, weil dich deine Geschichte tief geprägt hat. Was ist nun daraus geworden? Aus dem Versprechen an die Welt.

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