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Ein ganz „normales“ Gewaltvideo

Normalität definiert sich immer und lediglich durch unsere Weltanschauung und den damit verbundenen persönlichen Erfahrungen, welchen wir in unserer Gesellschaft begegnen. Und diese wiederum ist eine Angelegenheit, welche sich oft auf unsere Gewohnheit auswirkt.

Augen und Ohren sind nicht mehr geschärft, wenn uns Einfühlungsvermögen oder Vorstellungskraft verlassen, weil wir vermutlich mit den Reizen die auf unsere Sinne und unser Empfindungsvermögen einwirken, überfordert sind. So sind Menschen über Bedingungen in den Tierhaltungsanlagen in asiatischen Ländern schockiert, während sich nur die wenigsten in den betroffenen Ländern darum Gedanken machen. Aber ist es den Menschen auch gleich wenn auf Kurzfilmen gelyncht oder geschlagen wird?

Mord-Videos sind auf Facebook allgegenwärtig. Überhaupt haben Videos im Internet uns ein bislang unbekanntes Tor zur Grausamkeit der Menschen geöffnet. Tiere die für die Pelzindustrie mit drei Schlägen halbtot geschlagen und mit den anderen auf einen Haufen geschmissen werden, sind solche Videos. Und uns überkommt nichts weiter, denn Worte genügen solchen Empfindungen nicht, ein verständnisloses Kopfschütteln. Die Frage „Warum“ lässt uns leiden und verdirbt einem gesunden Menschen mit Verstand den Tag.

Und wir sind machtlos vor den Monitoren. Die Polizei verständigen? Eher sinnlos. Denn die Täter drehen im Ausland, irgendwo in der Wüste. Irgendwo in Asien. Sie verprügeln ihre Opfer mit allen möglichen Gegenständen. Mal sind es zwei Täter. Mal mehr. In einem Video urinieren die Täter auf die Leiche, nachdem sie ihn mit einem großen Stein totgeschlagen haben. Solche Praktiken gehen über den klassischen Sadismus hinaus und sprengen jegliche psychologische Grenze. Keine Spur für einen sexuellen Hintergrund oder einer Grenze die uns eine Möglichkeit gibt, das Gesehene einzuordnen.

Bekannt ist uns ein ähnliches Muster unter dem Begriff „Happy Slapping“, in dem Täter ihre meist spontanen Gewalttaten per Kamera festhalten. Dabei liefern uns solche Vorfälle immer neue Einsichten in die Verhaltensweisen und Interessen der Jugendlichen innerhalb einer Clique. Es gab eine Zeit in der an Schulen gerauft wurde, weil einer jemandem eine Freundin ausgespannt hatte.

Heute geht es schon lange nicht mehr um Rache. Es geht um Gelächter, Vergnügen und Aufmerksamkeit. Ein schreckliches Bild der Langweile und Orientierungslosigkeit unter den jungen Menschen. Geistig und körperlich unterfordert durch den Wohlstand, ziehen sie wahllos um die Häuser. Denn Herausforderungen bringen Erfolg und ein Tief bringt auch immer ein Hoch. Das jedoch fehlt in unserer gleichgestrickten Gesellschaft.

Also suchen junge Leute immer mehr die Zuflucht in etwas „Besonderem“. Hier passiert wenigstens etwas. Hier gibt es Emotionen und Reaktionen. Eine gefährliche Verlockung. 2012 taucht in Schwerin ein Gewaltvideo auf, in dem Elft-und Zehntklässler jüngere Schüler angreifen. Das Video wurde auf YouTube hochgeladen. Vier Schüler malträtierten darauf andere jüngere Schüler. Erschreckend ist, wie viel Sympathie und Zuspruch diese Videos unter Jugendlichen erhalten.

Solche Videos werden meist gewissenlos verbreitet und gemeinsam angesehen. Ansehen ist so eine Sache. Wer solche Videos gerne ansieht, ohne dabei gerührt zu sein, sollte sich Sorgen machen. Zuletzt hatte die Interpol jagt auf den Pornodarsteller Luka Rocco Magnotta gemacht, der einen Mann zerstückelt haben soll. Der in Berlin festgenommene Mörder wurde nach Kanada ausgeliefert. Er hatte ebenso die Kamera für seine grausame Tat zur Dokumentation benutzt. Solcherlei Taten sind mit dem abgründigen Fetisch derart verbunden, dass der Täter das dazugehörige Ambiente genau anpasst. So hat Magnotta dazu die Filmmusik aus dem Thriller „ American Psycho“ abspielen lassen.

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