Meinung

Die rassistische Faust der Exekutive

„Das ist mein Land und du bist hier Gast“, „Halt die Fresse“, Wenn die Polizei in ihrem Einsatz mit rassistischen Sprüchen um sich wirft und unverhältnismäßige Gewalt anwendet, liegt ein handfester Defekt im System der exekutiven Gewalt vor, der mit verbreitet verschleiernder, verzerrender und verharmlosender Rhetorik, auch innerhalb der Medien, weiterhin bestehen wird.

Der türkische staatliche Sender TRT Deutsch hat auf seinem Instagram-Kanal ein Video geteilt, auf dem zu sehen ist, wie zwei Beamte der Berliner Polizei einen syrischen Familienvater in seiner Wohnung mit unverhältnismäßiger Gewalt überwältigen, seine Wohnung durchsuchen und rassistische Äußerungen von sich geben. Der Mann ist kein Terrorist oder intensiv gesuchter Straftäter. Es geht um ein Haftbefehl wegen Schwarzfahrens. Man hört ein schreiendes Kind, das sich am Rande des Bildes vor Angst auf der Matratze wälzt und eine Frau, die aufgeregt auf die Polizisten einredet. Die Polizei antwortet in den oben zitierten Sätzen. Das Video geht schnell viral. Der Staatsschutz hat wohl Ermittlungen eingeleitet, aber auf der Website der Berliner Polizei ist keine Stellungnahme zu dem Fall zu finden.

Schwerwiegender Defekt im Polizeiapparat

Eine an die Öffentlichkeit gerichtete detaillierte Aufarbeitung scheint der Berliner Polizei wohl nicht wichtig genug. Lediglich auf Twitter wurde über die eingeleiteten Ermittlungen informiert. Dazu die Polizei Berlin: Unser #Staatsschutz ermittelt wegen fremdenfeindlicher Beleidigung eines Kollegen gegenüber einer Frau bei einem Einsatz, der sie und ihren Mann betraf. Das Paar erstattete gemeinsam Anzeige bei einem Polizeiabschnitt & zeigte ein Video der Tat. Und weiter heißt es: „Wir stehen gegen jegliche Form diskriminierenden und menschenverachtenden Verhaltens. Gegen den Kollegen wird strafrechtlich ermittelt. Er wurde unmittelbar in den Innendienst versetzt. Weitere dienstrechtliche Konsequenzen folgen.“ Mir reicht das nicht. Denn was heute passiert kann morgen wieder passieren. Wenn der direkte Arm der exekutiven Gewalt keinerlei Hemmungen und Hürden sieht, sich auf eine solch zutiefst verachtungswürdige Art und Weise zu verhalten, müssen wir von einem schwerwiegenden Defekt im Apparat Polizei sprechen. Von Menschen, die im Gewand eines Staatsdieners Machtmissbrauch begehen. Menschen, die sich unangreifbar und überlegen fühlen, womöglich rassistisch veranlagt sind und in einer deshalb sehr gefährlichen Rolle stecken.

Es ist die nackte Form des Rassismus und die Offenbarung eines tiefliegenden Hasses

Der gesellschaftlich hohe Stellenwert der Polizei und ihre staatlich anerkannte Ausbildung bieten solch (offensichtlich) krankhaft veranlagten Rassisten und Spinnern viel Schutz. Es dauert lange, bis sie durch einen Fehler entlarvt werden. Man muss sich nicht philosophisch fragen, in welchem Zusammenhang die Äußerungen der Berliner Polizei mit der Durchführung des Haftbefehls stehen. Denn es gibt keinen. Es ist die nackte Form des Rassismus und die Offenbarung eines tief liegenden Hasses gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund. Viele verharmlosende Kommentare unter dem Video zeigen, welch falsche und ignorante Haltung eine breite Masse der Menschen nicht nur gegenüber der eigentlichen Rolle und Arbeit der Polizei, sondern auch gegenüber offensichtlichen Fremdenhass hat.

„Schlechter Apfel, guter Apfel ist Bullshit“

Die deutsch-iranische Schauspielerin Enissa Amani hat ein Instagram-Reel geteilt, in der sie diese Dinge mit scharfer Kritik in die richtige Ordnung bringt und vor allem klar stellt: Die Polizei, aber auch andere staatliche Organe, Behörden und Institutionen und ihre ausführenden und vollziehenden Kräfte stehen nicht über dem Gesetz. Auch die stark vereinfachende und verallgemeinernde Ansicht, dass es überall schlechte und gute Äpfel gibt, greift Amani auf. Ein bewaffneter schlechter Apfel sei etwas anderes ein schlechter Apfel beim Bäcker oder bei der Bank. Schlechter Apfel, guter Apfel sei Bullshit. Dies Form der Diskussion zudem vereinfachend und stupide. Vor allem thematisiert Amani die dauernd falsch beginnenden Debatten zum Thema Polizeigewalt. Man höre oft, dass jemand den ein oder anderen netten Polizisten kennt und es seien ja auch nicht alle gleich. Aber hier gehe es nicht um Individuen und verbreitet werde aber eben von dieser Ausgangslage kommentiert und debattiert.

Die Realität des Rassismus ist kein Polizei-Bilderbuch für Kleinkinder

Was Amani sagt leuchtet unmittelbar ein. Diese verblendende und verniedlichende Kaschierung rauer Polizeigewalt ist das Trugbild, das für ein buntes Polizei-Bilderbuch für Kleinkinder geeignet ist, in dem jeder Polizist unecht lächelt. In der wirklichen Welt gibt es Abstufungen ideologischer Haltungen, die hie und da zu einem richtigen Problem in der beruflichen Sorgfalt werden können. Und es sind oft, wie es auch Amani in ihrem Video sagt, machthungrige Menschen, die sich diesen Beruf aussuchen. Amani könne dabei nicht einmal sagen, ob sie selbst über Jahre hinweg die richtige Kraft und Moral hätte, mit einer solchen Macht richtig umzugehen. Und deshalb gäbe es Menschen, die grundsätzlich gegen dieses System seien und sich für eine andere Form der Verantwortung aussprechen würden. Polizisten seien nicht auf kleinerer, nuancierter ebene ausgebildet, wenn es darum geht, wie man sich in Anwesenheit von Kindern oder Frauen verhält. Und auch hier kann man Amani kaum widersprechen.

Die Rolle der Polizei vielleicht sogar eine noch größere als die eines Arztes

Die Anfälligkeit für ideologisiertes oder radikales Verhalten macht kein Halt vor schwächeren Gruppen, in diesem Fall Kindern. Wir knüpfen gesellschaftlich und ethisch hochgeschätzte Berufe ungewollt oft an Dinge, die wir mit allgemeinen Begriffen und moralischen Bildern verständlich machen. Mit der Polizei verbinden wir in der Regel Schutz und Neutralität, da wir von einer intakten und zuverlässigen staatlichen Behörde und einer umfassenden Ausbildung der Amtsträger als Voraussetzung ausgehen. Und als Schützer und Wahrer der Sicherheit in der Öffentlichkeit, ist die Rolle der Polizei vielleicht sogar eine noch größere als die eines Arztes oder die eines Richters. Und genau diese hohen Erwartungen kollidieren mit einfachen, dem Menschen anhaftenden Tatsachen, die von gesunder politischer Haltung bis radikaler Überzeugungstäter alles implizieren kann. Die Polizei, das ist klar, braucht eine Reform. Wo genau, das lässt sich vor dem Hintergrund der rohen und rassistischen Gewalt der Berliner Polizei kaum so kompakt sagen.

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