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Am Ende – Die Grünen haben alle Karten verspielt

von Halil Celiksoy

Der eigentliche Plan war: Eine vielversprechende Zukunft

Mit der geradezu monströs erscheinenden Klimapolitik setzt die Bundesregierung alles auf eine Karte. Trotz zermürbender Energiekrise, trotz bedrohlich steigender Inflation. Über den ungünstig ausgewählten Zeitpunkt der Entschlossenheit für ein solch rigides Klimaschutzprogramm kann man durchaus streiten. Über die voraussichtlichen Vorteile für den Wohlstand auch. Aber dazu gibt es wenigsten Ausblick. Und diesen bietet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf ihrer sehr aufschlussreichen Website. Das wichtigste Ziel sei die Beibehaltung der Versorgungssicherheit, günstige Preise für Haushalte und Unternehmen und – wie sollte es anders sein, klimafreundliche Erzeugung ohne Atomkraft und fossile Energieträger. Dieses klare Bild einer vielversprechenden Zukunft wird mit dem Gedanken abgeschlossen, den Wohlstand sichern zu wollen – jetzt und natürlich auch in Zukunft. Bis 2045 will Deutschland vollständig klimaneutral sein. Was man sich auch immer darunter vorstellt – als Laie.

Der Expertenrat ist wenig überzeugt

Neben der To-do-Liste mit Punkten wie den Ausbau von Windenergie an Land, dasselbe an See und Photovoltaik für alle, gilt der ausgeweitete EU-Emissionshandel als Vorzeigeprojekt. Jene, die weiterhin fröhlich die Atmosphäre mit Treibhausgasen belasten, trifft schon bald der zu zahlende Preis pro Tonne CO2. Die Lizenz zur Verschmutzung muss also in Form von Zertifikaten an der Energiebörse erworben werden. Wer alles konkret davon betroffen ist, ist im Einzelnen noch nicht ganz klar. Nur so viel: Rund drei Viertel aller europäischen CO2-Emissionen sollen in den Emissionshandel einbezogen werden. Das ist viel. Und ab 2027 sogar auch die aus Wärme und Verkehr. Hauptsächlich betroffen davon sind Kohlekraftwerke. Nach Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes zum EU-Emissionshandel würden sich Kohle- oder Braunkohlekraftwerke nicht mehr gewinnbringend betreiben lassen. Wer also das Klimaschutzprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz liest, dürfte restlos überzeugt sein. Nicht so der Klima-Expertenrat.

Grüne Politik leidet an Habecks miesem Image

Selbst wenn alles nach dem Plan der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP läuft, würden Treibhausgase nach Einschätzungen des Vorsitzenden des Gremiums Hans-Martin Hennig, weniger stark reduziert als vorausgesagt. Es fehle ein zusammenhängendes, in sich schlüssiges und konsistentes Gesamtkonzept und ein übergreifender Maßnahmenrahmen resümiert Hennig. Die schlechte Bewertung des ambitioniert anmutenden Klimaprogramms durch den Expertenrat kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Habecks derzeitige Reputation lässt eigentlich keine weiteren Rückschläge mehr zu. Erst im Mai brachte eine Erhebung des Instituts INSA hervor, dass halb Deutschland den Rücktritt Habecks fordert. Damit gehört er zu den unbeliebtesten Politikern Deutschlands. Die empfindlichsten Themen setzen der Partei zu. Klimastreiks, die die Wut der Bürger gegenüber den Grünen verstärken und der fast blindwütige Ausbau der E-Mobilität, der sich nicht an den Ressourcen der Umwelt und den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Mittelschicht orientiert.

Gerade die Grünen vergessen: Eine Politik der Vielfalt braucht Empathie

Längst ist auch bekannt, dass die Herstellung von gängigen E-Auto-Batterien eine schlechte Ökobilanz aufweist. Die Produktion benötigt viel Energie – auch fossile. Dort wo die Batterien hergestellt werden (in Polen und Länder in Asien) wird bis zu 70 Prozent Kohlestrom verwendet. Fünfzehn Tonnen Treibhausgase entstehen nach Schätzungen von Experten des Öko-Instituts. Wie auch immer. Die vielleicht gute Absicht der Grünen tritt mit aggressiv-überfordernden und zum Teil unlogischen Zielsetzungen auf. Vieles wird über den Kopf der breiten Bevölkerung hinweg entschieden oder propagiert. Wie wichtig Wähler für die Partei sind, hat Baerbock unmissverständlich geäußert. Oftmals sind es auch Angelegenheiten, die Feingefühl und höchste Empathie erfordern. Denn Deutschland ist eine bunte Landschaft aus verschiedensten Kulturen und Weltanschauungen. So stehen die Grünen (wie auch schon in München) stur hinter den umstrittenen Drag-Vorlesungen für Kinder. Mit Polizeischutz wurden Kinder einer staatlich übergriffigen und höchst bedenklichen Erziehungskampagne zugeführt. Dabei haben Eltern ein natürliches Recht auf Besorgnis, Zweifel und Bedenken. Und sie haben ein Recht darauf, ihre Kinder von Dingen fernzuhalten, die ihren moralisch-ethischen Anschauungen widersprechen.

Die grüne Politik driftet ab: In ideologisch-faschistoides Identitätsgehabe

Stattdessen wird ihnen im besten Fall (politisch) das Recht auf fürsorgliche Entscheidungen abgesprochen. Im schlimmsten gelten sie als Rechtsradikale Scharfmacher. Hinzu kommt die auf der politischen Agenda zum Überdruss thematisierte Klimareform. Ihr zu widersprechen öffnet jedem das Tor zu einem ideologisch-faschistoiden Identitätsgehabe, das kaum noch ignoranter und aggressiver sein könnte. Die Klimareform ist ein schön formuliertes Gedicht, das sehr wenig Bezug zum Leben der Menschen aus der Mittelschicht hat. Sie ist zu gigantisch und kostenintensiv, als das sie jeder Bürger verstehen und akzeptieren könnte. Zudem wirkt sie (auch in diesem Fall) herrisch, erzieherisch und aus Sicht des einfachen Bürgers top-down. Die Debatten um die Klimapolitik rührt ordentlich an den Grundfragen unserer demokratisch-freiheitlichen Gesellschaft und wie sie denn nun jedem Einzelnen bestmöglich dienen kann. Habeck müsste schon ein Wunder widerfahren, um aus dieser Affäre mit Sieg hervorzutreten. Trotzdem warten wir geduldig. Aus Höflichkeit.

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