Medizin

Entdecktes Gendefekt verrät Leukämie vor Ausbruch

Wissenschaftler und Ärzte des Klinikums der LMU in München konnten gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam ein Gendefekt entschlüsseln, der mit der fehlerhaften Regulation von zu den häufigsten weißen Blutkörperchen gehörenden Neutrophilen in Zusammenhang steht und eine frühe Diagnose von Leukämie ermöglichen könnte. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Nature Genetics online publiziert.

Die zum großen Teil der angeborenen Immunabwehr gehörenden neutrophilen Granulozyten sind dafür zuständig, Mikroorganismen zu identifizieren und zu zerstören. Damit sie jedoch nicht zu Leukämie führen, werden sie vom Gen SMARCD2 reguliert, das wiederum Teil des Eiweißkomplexes ist, dass das Chromosomen-Material,  Chromatin reguliert. Das regulierende SWI/SNF-Komplex ist für den Prozess der Freilegung der Erbsubstanz verantwortlich, wenn sich zum Beispiel Zellen teilen. Die Regulationmechanismen des SWI/SNF-Komplexes über das SMARCD2-Gen wurden anhand eines Zebrafisch- und Mausmodells untersucht. Demnach verhindert die Chromatinstruktur über das SMARCD2-Gen eine Entartung die zur Leukämie führen würde. Wissenschaftler haben einen Webfehler in diesem Gen entdeckt. Vor acht Jahren untersuchte Professor Christoph Klein in den USA eine eigenartige Störung der weißen Blutkörperchen bei einem Baby.

Von da an wurde ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das den Auslöser dieser seltenen Krankheit ans Licht bringen sollte. Jahre später konnten Ärzte und Wissenschaftler die Störung der weißen Blutkörperchen auf den kleinen Webfehler im Gen SMARCD2 zurückführen und die Auswirkung auf das Blut- und Immunsystem klären. „Wir haben nun einen wichtigen Hinweis dafür, dass die Chromatinstruktur über SMARCD2 einerseits die Funktion des Blutes und des Immunsystems steuert, andererseits aber auch dafür verantwortlich ist, dass es nicht zu einer Entartung im Sinne einer Leukämie kommt, so Dr. Maximilian Witzel, der Arzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital ist. Bislang hat das Forscherteam weltweit drei Familien mit einem SMARCD2-Defekt diagnostiziert. Zwei von vier betroffenen Kindern sind infolge von Komplikationen verstorben. Die Entdeckung des Gendefekts zeige die Notwendigkeit der philanthropischen Forschungsförderung für Kinder und Familien mit seltenen Erkrankungen, so das LMU-Klinikum. Der Medizin eröffnet sich in Zukunft die Möglichkeit einer frühzeitigen Diagnose, um die Behandlung noch vor Ausbruch der Leukämie anzusetzen.

 

Originalpublikation:

Chromatin-remodeling factor SMARCD2 regulates transcriptional networks controlling differentiation of neutrophil granulocytes: Maximilian Witzel, Daniel Petersheim, Yanxin Fan, Ehsan Bahrami, Tomas Racek, Meino Rohlfs,  Jacek Puchałka, Christian Mertes, Julien Gagneur, Christoph Ziegenhain, Wolfgang Enard, Asbjørg Stray-Pedersen, Peter D Arkwright, Miguel R Abboud, Vahid Pazhakh, Graham J Lieschke, Peter M Krawitz, Maik Dahlhoff, Marlon R Schneider, Eckhard Wolf, Hans-Peter Horny, Heinrich Schmidt, Alejandro A Schäffer & Christoph Klein (Nature Genetics 2017)

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