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Wissenschaftler sequenzieren Mega-Genom

Mit Entwicklungs-, Regenerations- und Evolutionsstudien versuchen Wissenschaftler schon seit langem, die schnelle Regeneration von Gewebe und das Nachwachsen von Gliedmaßen, wie sie in der Tierwelt zu beobachten sind, zu verstehen. Bedeutend und dienlich als wissenschaftliches Modell hierzu ist der Salamander, vor allem der mexikanische Axolotl Ambystoma, der über eine die Wissenschaft schon seit Jahrzehnten beschäftigende Regenerationsfähigkeit von Körperteilen und Gewebe verfügt.

Mit der bisherigen Technik scheiterten alle Versuche zur vollständigen Erforschung und Entschlüsselung des gigantischen Axolotl-Genoms. Lange und sich wiederholende Sequenzen erschwerten die ohnehin komplizierte Entschlüsselung zusätzlich. Das mit 32 Milliarden Basenpaaren ausgestattete Genom ist mehr als zehn mal so groß wie das des Menschen. Die Regenerationsfähigkeit des Axolotl ist geradezu perfekt. Knochen, Muskeln, Nerven und sogar durchtrenntes Rückenmark und verletztes Netzhautgewebe können fehlerfrei wiederhergestellt werden und befinden sich nach der Regeneration an den richtigen Stellen. Die Sequenzierung des Axolotl-Genoms könnte der Wissenschaft also den Weg öffnen, das Nachwachsen von Gliedmaßen und die Geweberegeneration im Zusammenhang mit den beteiligten Molekülen zu verstehen. Nun ist es einem Forscherteam von Wissenschaftlern aus Wien (Forschungsinstitut für molekulare Pathologie), Dresden (Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie) und Heidelberg (Institut für Theoretische Studien) gelungen, die gesamte Erbinformation des mexikanischen Salamanders Axolotl zu entschlüsseln. Damit ist es das größte Genom, das je sequenziert wurde. Co-Autor der Studie und Postdoktorand am Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie Sergej Nowoshilow spricht von einer „genetischen Karte“, mit der man von jetzt an das Nachwachsen komplizierter Strukturen untersuchen könne.

Die Wissenschaftler griffen in ihren Forschungen auf Daten des Labors der größten Axolotl-Kolonie am Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie in Wien zurück. Dort ist eine Forschergruppe um die Wissenschaftlerin Elly Tanaka auf die Untersuchung der den regenerativen Prozessen zugrunde liegenden molekularen Mechanismen spezialisiert und stellte neben selbst entwickelten molekularen Werkzeugen auch umfassende Transkriptom-Daten zur Verfügung, mit deren Hilfe die protein-kodierenden Sequenzen im Genom des Axolotl aufgespürt werden konnten. So konnten Zellen identifiziert werden, die die Regeneration in Gang setzen, sowie jene Moleküle, die diesen Prozess steuern. Mit einer neuen Sequenziertechnik, der sogenannten PacBio-Methode, konnten 72 Millionen längerer Genomstücke sequenziert werden. Mittels eines speziellen Softwaresystems, entwickelt von Gene Myers und einem Heidelberger-Team um Siegfried Schoissning, konnte das Genom gleich einem Puzzle zusammengesetzt werden. Nowoshilow bezeichnete diesen wissenschaftlichen Durchbruch in der Axolotl-Forschung als Meilenstein. Immerhin habe das Forschungsabenteuer schon von 150 Jahren begonnen.

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