Politik

Im Kreuzfeuer

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„ Sie sind nicht dort um den Terrorismus zu stoppen oder die Taliban zu besiegen, Sie sind ausschließlich aus Bündnisgründen dort“. Das waren die Worte von Jürgen Todenhöfer, die er gegenüber dem damaligen Verteidigungsminister Thomas De Maiziere  im Gespräch zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ausgesprochen hatte. Inzwischen gehört er zu den wohl bekanntesten Kritikern der US-amerikanischen Interventionen im Nahen Osten. In einer Gesprächsrunde mit Anne Will schilderte Todenhöfer die Sinnlosigkeit des Afghanistan-Einsatzes und forderte den sofortigen Rückzug der Bundeswehr aus den Krisengebieten. Die einzige effektive Hilfestellung die Deutschland bieten könne, wäre die Entwicklungshilfe.           De Maiziere wandte ein, dass die Auslandsoperation  Notwendig sei, um den Terror-Export von Afghanistan in die Welt zu verhindern und um dem mörderischen System Einhalt zu gebieten.

Doch Todenhöfer blieb bei seiner Meinung. Auch sonst ist Todenhöfer jemand,  der ein erstaunliches Gleichgewicht zwischen Kritik, geschliffener Rhetorik und Einsicht hält. Als Autor, Publizist und Jurist macht er es dem Gesprächspartner schwer,  als „Besserwisser“ erfolgreich in sein Wort zu fallen. Er hat kriegerische Auseinandersetzungen miterlebt, Bücher geschrieben, war Richter im Strafgericht, war einer der gefragtesten Nahost Korrespondenten und außerdem Vorstandsmitglied des Burda Medienkonzerns. In mehreren Talkshows hat er seine jahrelangen Erfahrungen mit der arabischen Welt dargelegt und uns gezeigt, wie weit die weltpolitische Wahrnehmung in Bezug auf die  arabische Welt von den Tatsachen liegt. Dabei umschreibt Todenhöfer in seinen Darlegungen vor allem zwei Schwerpunkte. Zum einen werde der Terrorismus durch die westlichen Anti-Terror Programme geradezu gefördert, um politische Interessen zu verfolgen. Zum anderen beschreibt er das Leid der betroffenen Zivilbevölkerung und wie wenig diese Menschen mit Terrorismus zu tun haben. Trotzdem würden unschuldige in Konflikte mit hineingezogen. Todenhöfer forderte damals ausdrücklich den sofortigen Rückzug deutscher Truppen aus Afghanistan. Er fügte hinzu, dass sich De  Maiziere für den Angriff auf Zivilisten in Kunduz entschuldigen müsse, der auf Befehl eines Deutschen Obersts verübt wurde und bei dem 142 Menschen ums Leben gekommen waren. Die Beförderung des für den Angriff verantwortlichen Obersts zum General bezeichnete er als Verhöhnung der Grundsätze der Bundeswehr und der Opfer in Afghanistan.  Der Jurist und Publizist forderte im Allgemeinen mehr Nähe für die Menschlichkeit, welche im Hintergrund der kriegerischen Auseinandersetzungen an Bedeutung verloren hatte. Todenhöfer kennt Afghanistan  wie kein anderer Politiker, Journalist oder  Korrespondent. Durch seine Teilnahme im Jahr 1984 an Operationen mit dem von den USA unterstützten Mudschahidin gegen die sowjetische Besatzung, wurde er über die Medien einer breiteren Masse bekannt.  Dennoch ist Todenhöfer heute ein entschiedener Kriegsgegner. Viele mögen in seinem Lebenslauf einige Widersprüche erkennen. Doch Todenhöfer`s Antrieb war stets der Frieden und er hat sich nie gescheut für dieses Ziel sein eigenes Leben zu riskieren und sich mitten  ins Kreuzfeuer des Westens  und des Ostens zu stellen. Durch seine gefährlichen Reisen in Krisengebiete wurden Todenhöfer  Einblicke und Erfahrungen zuteil,  die ihn nach eigenen Aussagen für den Westen haben schämen lassen.Er hat unseren Gewissen in Bezug auf den Frieden in der Welt neu gestimmt und uns durch seinen übernatürlichen Mut zum Denken angehalten.

Jürgen Todenhöfer  Stellungnahmen zum Krieg und Frieden sind authentisch und  realitätsbezogen.  Um die Probleme der Menschen in den Krisengebieten zu verstehen muss man schon eine Zeit mit ihnen verbringen und dem Krieg ins Auge sehen. Und darüber kann und hat Todennhöfer Bücher geschrieben. Hauptsächlich wollte er nur Eins: Das der Westen seine Anti-Terror-Politik stoppt. Denn diese Politik schießt über seinen Bereich hinaus in Richtung Völkerrechtsverletzung.  Die antiislamische Stimmung färbt auf unsere Gesellschaft ab und schleicht sich in Debatten um Integration und Migranten ein. Die Gesellschaft in Deutschland assoziiert den Islam mit Terrorismus und Islamisierung. Es sind dieselben Begriffe mit denen der Westen seinen Krieg rechtfertigt. Es wird auf diese Weise antiislamische Stimmung erzeugt. Und die Medien halten die Stimmung aufrecht. Todenhöfer erkennt rassistische Ansätze wo sie manche Menschen nicht sehen.

In der Talkrunde von Markus Lanz sitzen Jürgen Todenhöfer und Thilo Sarazzin nebeneinander. Es geht um das vielumstrittene Buch Deutschland  schafft sich ab. Todenhöfer eröffnet das Gespräch. „Es haben schon so viele auf Sie herumgeprügelt, dass ich da nicht weitermachen möchte“ fängt Todenhöfer an zu sprechen. „ Ich habe ihr Buch gelesen, eine Woche lang, an Weihnachten, es war eine Qual“, fügt Todenhöfer hinzu. Todenhöfer hebt hervor, dass Sarazzin durch dieses Buch viele Menschen tief verwundet und eine ganze Bevölkerungsgruppe stigmatisiert hat. Er erklärt, dass Sarazzin mit seinem Buch dem Ansehen des Landes geschadet habe. Dabei nimmt Todenhöfer immer Rücksicht auf die Gedankenwelt der Gegenüberstehenden, lässt aber seine Position, unabhängig ob sie dem Gesprächspartner gefällt oder nicht, nie aus. In einem Video auf You Tube das den Titel seines  Buches „Feindbild Islam“ trägt, wird das durch die Medien  verzerrte Bild des Terrorismus in Verbindung mit dem Islam angeprangert. Der Westen, so Todenhöfer, sei viel gewalttätiger als der Nahe Osten und das Nichts den Terror mehr fördere als die Anti-Terror Kriege des Westens. Todenhöfer bezeichnet sie als Terrorzuchtprogramm. Er stellt sich entschieden gegen das internationale Anti-Terrorprogramm und sieht darin die Verstärkung der Taliban und der antiwestlichen Stimmung. Es weist vor allem auf die Zivilbevölkerung Afghanistan, die sich von der Taliban distanzieren. Auch in den arabischen Ländern würden sich Menschen für ihre diktatorischen Politiker wie Gaddafi  oder Assad schämen.

2009 gründete Todenhöfer die Stiftung Sternenstaub die er überwiegend mit seinem Vermögen unterstützt. Die Stiftung finanziert Projekte in Afghanistan, Irak, Syrien, Kongo und  in Deutschland. Todenhöfer geht uns voraus. Mit seinem Leben, mit seinen Taten. Es wäre schön wenn wir ihm hin und wieder folgen würden.

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