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Von Alice und Othello – Die seltensten psychischen Krankheiten

Dauerhafte emotionale Belastungen und nicht verarbeitete Erlebnisse können unter bestimmten Voraussetzungen zur Störung unserer Wahrnehmung und unseres Verhaltens führen. Unser Denken und unsere Gefühle können uns dabei befremdliche Schwankungen, Ängste und Überzeugungen bescheren. Das menschlich Gehirn ist immer noch ein Geheimnis und in dem Maß anfällig für Störungen, wie es auch genial ist. Oft sind wir kognitiv oder emotional oder auch in beiden Bereichen betroffen. Bekannt sind unter anderem Angststörungen verschiedenster Ausprägungen, Verfolgungswahn und eine Reihe von anderen Belastungstörungen. Psychisches Verhalten und Reaktionen sind höchst individuell und lassen sich nicht immer wie gewöhnliche körperliche Krankheiten klassifizieren. Dahinter stehen sehr oft weit zurückliegende Erlebnisse und deren unbewusste und besondere Verknüpfungen mit persönlichen Betrachtungen. Natürlich gibt es auch solche Empfindungs- und Verhaltensstörungen die neuropsychiatrischen Ursprungs, also auf eine hirnorganische Erkrankung zurückzuführen sind. Und da gibt es einige die wir uns nicht ansatzweise vorstellen können. Sie gehören zur Gruppe seltener psychischer Krankheiten. Das heißt im Klaren, dass sich bestimmte Symptom-Konstellationen mancher Störungen aufgrund ihrer seltenen Beschreibung, bedingt durch Tabuisierung und unzureichender Registrierung der normativen und objektivierenden Einordnungen im wissenschaftlichen Sinne entziehen, oder diese erschweren. Wir wollen hier einige der seltensten psychischen Krankheiten kurz vorstellen.

Capgras-Syndrom

Diese Wahnstörung wurde nach dem Nervenarzt Dr. J. Capgras benannt und beschreibt die Überzeugung einer Person, die eine zu ihm in enger Beziehung stehende Person mit einer anderen gleich aussehenden vertauscht glaubt. Diese Krankheit wurde schon vor hundert Jahren unter dem Begriff „illusion des sosies“ beschrieben. Eine Mythologie in der Sosias, der Diener von Amphitryon einer Angst ausgesetzt war, weil der Gott Merkur die Gestalt des Amphitryon angenommen hatte. Herbeigeführt werden kann diese Störung durch organischen Schaden (Kopfverletzung), oder aber durch eine schizophrene Psychose. Auch eine wahnhafte Depression kann zum Capgras-Syndrom führen.

Cotard-Syndrom

Bei diesem psychopathologischen Phänomen das nach dem französischen Nervenarzt DR. J. C Cotard benannt wurde, geht es um die Verneinung der eigenen Existenz oder auch der Außenwelt. Die Entwicklung eines solchen nihilistischen Wahns bringt die Überzeugung mit, dass der Betroffene seine wichtigen Organe und seinen Verstand verloren hat. Oft taucht dieses Syndrom bei frühen depressiven Störungen oder bei Psychosen organischen und schizophrenen Ursprungs auf.

Couvades-Syndrom

Das mit ungewöhnlichen hormonellen Schwankungen und Gewichtszunahme einhergehende Syndrom betrifft Partner oder Ehemänner von schwangeren Frauen und begrenzt sich glücklicherweise auf eine kurze Zeit. Hierbei entwickeln Männer Zeichen einer Schwangerschaft die durch das Wort „Parallelschwangerschaft“ am besten erklärt werden kann. Die Symptome stellen sich mit dem Ende der Gravidität wieder ein.

Othello-Syndrom

Die krankhafte Eifersucht, oder besser der Eifersuchtswahn ist nicht mit der uns bekannten Eifersucht zu vergleichen und wird den klinisch relevanten Wahnsyndromen zugeordnet. Diese werden wie bei vielen anderen Störungen auch durch hirn-organische oder sogenannte endogene Psychosen (biologisch fundierte Geisteskrankheiten) hervorgerufen. Auch die Alkoholkrankheit kann das Othello-Syndrom bedingen.

Triskaidekaphobie

Unter den ohnehin schon seltenen psychischen Störungen ist diese noch seltenere Krankheit jene, die den Aberglauben gegenüber der Zahl 13 unerträglich macht. Abgesagte Termine die auf einen Freitag den 23. fallen sind dann die Folgen dieser zur Phobie gesteigerten Angst. Man spricht in diesem Fall auch von einer isolierten Phobie, da der Betroffene alles meidet was mit der Zahl 13 zu tun hat.

Stendhal-Syndrom

Das Syndrom ist das mit Panikattacken und Wahrnehmungsstörungen einhergehenden Signal einer kulturellen Reizüberflutung. Die nach dem französischen Schriftsteller Stendhal benannte Krankheit beschrieb erstmals 1979 die italienische Psychologin Graziella Magherini. Sie war es auch, die durch einer 10 Jahre später veröffentlichten Studie, in der sie 100 Krankheitsfälle die in ihrem Verlauf typisch für dieses Syndrom waren, diese Störung bekannt machte.

Alice im Wunderland – Syndrom (AIWS)

Keine andere Bezeichnung könnte die halluzinatorisch veränderte Wahrnehmung der eigenen Umgebung oder sich selbst wohl besser beschreiben. Da das Phänomen als Begleiterscheinung einer Migräne, oder Aura eines epileptischen Anfalls auftritt, ist sie nicht die Bezeichnung einer eigenständigen Krankheit. Auch die Einnahme von bestimmten Drogen kann zu solchen Wahrnehmungsstörungen führen.

De Clerambault-Syndrome

Der Liebeswahn und dessen Erkenntnisse darüber sind dem vielseitig tätig gewesenen französischen Psychiater Pr. Dr. G. G. De de Clerambault zu verdanken. Er forschte unter anderem über halluzinatorische Psychose und Autismus. Die Erotomanie tritt dabei selten in seiner reinen Form auf, sonder kommt als Begleitphänomen innerhalb manischer und organischer Psychosen vor.
Bei einer belastenden Angst, bis ins hohe Alter ohne erotische Erlebnisse älter werden zu müssen, kann die Störung in wenigen Fällen auch in seiner reinen Form auftreten. Der Betroffene ist fest davon überzeugt, dass die krankhaft begehrte Person ihre Liebe heimlich zurückhält und deutet jede Geste seiner fantasierten Vorstellung entsprechend.

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