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Sex, Drugs und die Mafia – Warum türkische Serien auf dem Weltmarkt dominieren

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Der Erfolg der türkischen Serien feiert auf der Weltbühne einen beispiellosen Siegeszug. Dabei sind die Politik und die Stimmung des Volkes stets in den Drehbüchern mit eingebaut. Ein Blick in den Serienwahn einer aufstrebenden Nation.

 

Was Börsen mit den Zahlen der Unternehmen machen, macht die MTM (Türkische Medienbeobachtung ) mit den Serien. Sie wertet den Erfolg der Serien aus und präsentiert sie der Öffentlichkeit in Zahlen. Wann ist welche Serie abgestiegen und welche ist aufgestiegen? Welche Serie hat welchen von Platz 1 verdrängt? In der Türkei hat sich der kommerzielle Erfolg der Serien derart gesteigert, dass man nur noch Zahlen im siebenstelligen Bereich sehen kann. Zumindest was die Einschaltquoten und den Verkaufserfolg der Serien angeht. Dieser Erfolg hat ein neues Kapitel in der Geschichte des türkischen Fernsehens angebrochen.

Dabei steht diese Entwicklung im Dreieck von wirtschaftlichem Aufstieg, politischer Energie und nationalem Stolz. Der Erfolg der türkischen Serien hat ein völlig neues Konsumverhalten ausgelöst, dessen Auswirkungen gesellschaftsübergreifende Konsequenzen mit neuem Heimatgefühl in Verbindung bringen. Selbst Griechenland, dessen Beziehung zur Türkei durch eine Reihe von politischen Konflikten vorbelastet ist, kapituliert vor dieser neuen mächtigenDynastie, das die griechische Bevölkerung betäubt zu haben scheint. Seit dem im Jahr 2005 die erste Pilotvorstellung “ Die Grenze der Liebe“ auf Mega TV lief, scheinen griechische Medien vom Erfolgskonzept türkischer Produktionen endgültig überzeugt zu sein.

Bedingt durch die Finanzkrise im Jahr 2010 suchten griechische Sender einen Ausweg um kostspielige Serienproduktionen effizient zu ersetzen. Da kam es gelegen, die günstigen und erfolgreichen Staffelpackete türkischer Produzenten zu kaufen. Mit erfolgreichen Serien macht die Türkei schon längere Zeit auf internationaler Ebene von sich reden. Auch amerikanische und russische Produktionsunternehmen, darunter die russischen World Studios und die amerikanische Sander/Moses haben sämtliche Remake-Rechte an türkischen Serien erworben. Dieser Erfolg ist nicht dem Zufall zuzuschreiben. Die Ausgaben für die Produktionskosten pro Folge bewegen sich im Millionenbereich. Bis zu 150 Mio. Dollar haben türkische Serien in den letzten Jahren durch den Verkauf erwirtschaftet.

Längst haben Produzenten das politische Potenzial dieser Serien erkannt und nutzen diese durch Formate wie Tal der Wölfe aus, um sensible Zuschauer zu gewinnen. Die weltweit für Kontroverse sorgende Serie das die Machenschaften zwischen Staat und Untergrundorganisationen thematisiert, verzeichnete seit der Erstaustrahlung Rekordquoten. So erfolgreich, dass die Produzenten es wagten mehrere Kinostreifen aus der Serie zu basteln. Protagonist und Superstar dieser international umstrittenen Polit-Serie ist Necati Sasmaz alias Polat Alemdar. Er reist im Auftrag des fiktiven Nachrichtendienstes KGT ( Kamu Güveligi Teskilati) in Länder in denen Regierungen, ausgelöst durch Attentate oder Interessenkonflikte, mit der Türkei im Klintsch stehen und beseitigt wichtige Köpfe.

Das Konzept der Serie gibt Einblicke in den vieldiskutierten tiefen Staat und bedient zugleich den durch politische Ereignisse befeuerten Nationalstolz, in dem die Türkei sich vor einer feindlich gesinnten Welt sieht. Schnell ist Polat Alemdar in Machenschaften und Intrigen der sich gegenseitig bekämpfenden Mafiabanden verwickelt und steht damit auch im Kreuzfeuer zwischen Regierung und Untergrund. Die Serie hat Millionen von Zuschauern vor die Fernseher gelockt. Die türkische Bevölkerung drückt mit solcherlei Produktionen nicht nur die eigene Haltung zu weltpolitischen Ereignissen aus. Es sind auch klare Signale und Stellungnahmen zu den betreffenden Ereignissen. Es folgten Tal der Wölfe Irak (2006), Tal der Wölfe – Hinterhalt (Serie), Tal der Wölfe Gladio (Film, 2009) und Tal der Wölfe Palästina (Film, 2011). Auf dem deutschen Facebook Account haben alle Folgen zusammen ca. 3 Mio Anhänger. Das Türkische Fernsehen erhöht seine Ausgaben für Serienproduktionen unaufhaltsam während BBC seine Programinvestitionen erhöht und dennoch an Abonnenten für das Kabelfernsehen verliert.

Auf dem asiatischen Markt wird sich die USA so gut wie nie halten können. Dazu sind die Produktionen aus der Türkei viel zu günstig und doppelt so erfolgreich. Die Türkei erlaubt sich in der Serienbranche eine für dieses Genre ungewöhnliche Investitionslaune. Denn der Erfolg lässt sich leichter abschätzen und die Nachfrage ist groß. Die Erfolgsserie „Wie die Zeit vergeht“ gehört zu einem weiteren Produkt das den Siegeszug der türkischen Serien beweist .Bekannt ist sie in Deutschland deshalb, weil die deutsche Schauspielerin Wilma Elles die Rolle der Caroline spielt. Die Einfallskraft der Produzenten scheint unendlich. Märchenhaft anmutende Liebesdramen mit orientalischem Hintergrund und heftigen Intrigen treiben die Sucht der Zuschauer auf die Spitze. Erotik, Geschichte und die Leidenschaft zur eigenen Tradition werden hier perfekt zusammengeführt und heben den gewohnten Weltmarkt der Serien aus den Angeln. Vor allem wir die eigene Geschichte in einem glamourösen Auftritt inszeniert. In „ Das prächtige Jahrhundert“ ( Muhtesem Yüzyil) kämpft eine christliche Haremsklavin um die Liebe ihres Sultans. In China ist diese Serie bereits Kult. Bislang wurden 150 Serien in 73 Ländern verkauft. Der große Erfolg geht weiter und Hausfrauen sind für einen Moment nicht mehr ansprechbar.

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